Blackface am Life Ball? Diesen Fauxpas hätte der Öffentlich Rechtliche vielleicht verhindern können – denn eine einfache Erklärung hätte einigen Besuchern und Besucherinnen bei der sensiblen Outfit-Wahl bestimmt geholfen.
Blackfacing – nicht zuletzt Dank der jährlichen Debatte um die Heiligen Drei Könige ein heißes Thema und derzeit ebenfalls in der Erfolgsserie „Dear White People“ sehr präsent. Damit gemeint ist die Handlung eines weißen Menschen, sich schwarze Schminke aufs Gesicht aufzutragen – um einen Schwarzen Menschen zu imitieren. Heute oft als Verkleidung zu Fasching oder Halloween missbraucht, kommt dieses Vorkommnis aus der Tradition der Minstrel. Daher ist es damals wie heute als schwer rassistisch einzustufen.
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Die wöchentliche Millionenshow – sie läuft seit Jahren, bietet Ratespaß und gilt als seichte Unterhaltung. Dennoch hätte die Promi-Ausgabe zugunsten des Life Balls ein Thema aufmachen können, von dem viele Zuschauer noch immer nichts wissen. Klar, Hauptaufgabe der Millionenshow ist dies nicht. Einen Begriff, nach offenkundiger Ratlosigkeit, zu erklären, steht normalerweise allerdings schon im Handbuch für Quizmaster. Beim Thema #blackface wäre es an der Zeit gewesen – aber dazu kommen wir noch genauer.

Screenshot: ORF TV-Thek – Sendung vom 29.05.2017
Vielleicht hätte man sich dann auch dieses Posting ersparen können, das am Wochenende in Naomi Campells Instastory auftauchte. Das Topmodel besuchte Wien als Life Ball-Gast und snappte dieses Bild eines Mannes in Blackface. Unglaublich! Haben die Wiener seit dem Skandal um Comedian Chris Stephan, der Kim Kardashian in Blackface beim Opernball 2014 auflauerte, nichts dazugelernt?

Schnappschuss aus Naomi Campells Instastory
Einige Stunden nach diesem Posting kam heraus, dass der Unbekannte ein Kostüm trug, bei dem es wichtig war, seine Haut darunter verschwinden zu lassen. Deshalb wurde er schwarz geschminkt. Im Laufe des Abends ließ er seine Maske allerdings fallen und feierte nur noch mit schwarz geschminktem Gesicht. Er hatte also nicht per se die Intention mit Blackface herumzulaufen. Wieso allerdings keiner der Verantwortlichen nachgedacht hat, welche Reaktionen dies auslösen kann, ist trotzdem fraglich. Besonders bei einem Ball, der für alle sein sollte, müssten solche Dinge beachtet werden.
Aber auch diese Besucherin/dieser Besucher ist nahe an der Grenze des guten Geschmacks.
ES IST NICHT „WURSCHT“ HERR ASSINGER
Zurück zur Millionenshow – Schauspielerin Patricia Aulitzky bekommt bei der dreizehnten Frage die Aufgabe, den Anglizismus des Jahres 2016 zu nennen, der von der Freien Uni Berlin gewählt wird. Das Ausschlussverfahren ist in vollem Gange, bis das Wort „Blackfacing“ näher betrachtet wird. Augenscheinliche Ratlosigkeit herrscht um dessen Bedeutung – bei allen Beteiligten.
Während einer der Quiz-Teilnehmer, ORF-Journalist Peter Schneeberger, doch versuchte den Begriff im Hintergrund kurz mit den Worten „Schwarze Schminke im Gesicht – wenn Weiße Schwarze spielen!“ zu erklären, erwidert die mit dem Theater sehr vertraute Aulitzky, ein leises, fragendes „die Minstrels?“. Gut, wir wissen nun, dass diese beiden wissen, um was es hier geht. Ich unterstelle jetzt allerdings, dass das durchschnittliche Fernsehpublikum, diese Begriffe nicht kennt oder nicht genau zuordnen kann. Der rassistische Kontext bleibt unerwähnt. Mit 50:50 Joker und einigen nachdenklichen Minuten wird die Antwort „Fake News“ eingeloggt und leuchtet als korrekt auf. „Blackfacing“ ist schließlich der Anglizismus von 2014.
Die Frage, wieso dies der Anglizismus des Jahres war und was er eigentlich bedeutet, bleibt ungeklärt. Die Schauspielerin will dies nicht so stehen lassen und zeigt sich an einer Antwort interessiert. Armin Assinger kontert mit „Alles Fake News – wurscht“ und auf erneute Nachfrage entlockt sie ihm nur ein „Ja wurscht, alles gelogen, bringt alles nix!“.
DEAR WHITE PEOPLE,
Als Schwarzer Mensch verbindet man das Blackface mit Rassismus, Demütigung und Unterdrückung – denn so entstand dieser „Trend“. Jeder Mensch der es trägt, sollte sich genau überlegen, was er damit ausdrücken will. Ein Blackface „passiert“ meist nicht einfach. Es entsteht aus dem Denken heraus, dass Schwarze Menschen anders sind. Mit der Idee dahinter, dass ihre Persönlichkeit den dunklen Anstrich braucht. Denn im Gegensatz zum weißen Träger/der weißen Trägerin, ist man in dessen Gedankenwelt nicht mehr als eine Hautfarbe und kann deshalb nicht anders repräsentiert werden.
Es geht nicht immer darum, ob etwas wirklich rassistisch gemeint ist. Es geht auch darum, wie etwas am anderen Ende ankommt. Blackfacing verletzt viele Schwarze. Wir kämpfen mit Alltagsrassismus und zahlreichen Stereotypen, die ihr nie am eigenen Leib erfahren werdet – das ist genug. Manchmal wäre ein wenig mehr Empathie angebracht – also lasst es einfach bleiben, euch euer Gesicht schwarz anzumalen.
Fakt ist, es ist eine weitere verpasste Chance. Keine bei dem man dem ORF sehr böse sein kann – aber dennoch ein Detail, das wichtig gewesen wäre. In einem Satz hätte Assinger vielen Österreichern und Österreicherinnen ein Thema erklären können, das sie bis jetzt ignoriert oder noch nicht ganz verstanden haben. Beim nächsten Life Ball würden wir gerne auf solche Erinnerungsfotos verzichten.
Mehr zum Kim Kardashian Opernball #blackface-Skandal hier http://www.m-media.or.at/gesellschaft/opernball-kim-kardashians-black-face-angreifer-war-puls4-society-reporter/2014/02/28/
Dieser Beitrag erschien zuerst auf freshzine.at
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