„Lionheart“, die erste Netflix-Kooperation mit der nigerianischen Filmbranche, bricht gleichermaßen mit Geschlechter- und Nollywood-Klischees. Von VANESSA SPANBAUER
Was geschieht, wenn es um die temporäre Nachfolge eines Familienunternehmens geht und kein männlicher Nachkomme bereitsteht? Genau, ein anderer Mann wird geholt, ungeachtet dessen, dass eine Nachfolgerin bereits seit Jahren in den Startlöchern steht. Die Geschichte der übergangenen Tochter, die hart kämpft, um die Anerkennung zu bekommen, die ihr zusteht, ist nicht neu – doch die Szenerie ist für westliche Sehgewohnheiten äußerst ungewöhnlich.

(c) Netflix
„Lionheart“ ist nämlich die erste Zusammenarbeit zwischen Netflix und der nigerianischen Filmbranche und setzt damit ein Zeichen. Neben Hollywood hat sich vor vielen Jahren Bollywood mitsamt aller Besonderheiten im Westen etabliert, bei uns weniger bekannt, aber ebenso einzigartig ist Nollywood. Nollywood gilt als die drittgrößte Filmindustrie der Welt. Zum Vergleich: In Österreich werden pro Jahr zwischen dreißig und fünfzig Filme produziert, in Nigeria sind es um die fünfzig Produktionen pro Woche. Nollywood ist nicht nur der zweitgrößte Arbeitgeber Nigerias nach der Landwirtschaft, sondern beherrscht die Bildschirme des gesamten afrikanischen Kontinents. Doch in Nollywood wird nicht nur für den afrikanischen Markt produziert, die Filme erfreuen sich auch in der Diaspora weltweit großer Beliebtheit. Selbst wer nicht in einer nigerianischen Familie aufwächst, sieht die Filme seit frühster Kindheit in irgendwelchen Wohnzimmern nebenbei oder schaut gleich mehrere hintereinander beim Haaremachen im Afroshop. Aufgrund der großen Nachfrage sind viele Nollywood-Filme auch auf YouTube zu finden – für Netflix ist es also ein kluger Move, sich solche Publikumslieblinge zu sichern.
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