Next Generation – Ausstellungskatalog „SchwarzÖsterreich“ – April 2016

Im Rahmen der Ausstellung „SchwarzÖsterreich – Die Kinder der afro-amerikanischen Besatzungssoldaten“, die von 27. April bis 21. August 2016 im Volkskundemuseum Wien lief, hatte ich die Ehre verschiedene Tätigkeiten übernehmen zu können.
Einerseits konnte ich durch eine Kooperation mit „fresh – Black Austrian Lifestyle“ das Rahmenprogramm planen, das aus Vorträgen, Filmen, einer Podiumsdiskussion und einem Zeitzeugengespräch bestand. Andererseits konnte ich besonders bei der Erstellung eines Ausstellungskatalogs behilflich sein und die Kuratoren inhaltlich unterstützen.

Schwarz…sterreich. Die Kinder afroamerikanischer Besatzungssoldaten

Das Team bei der Eröffnung  (c) Volkskundemuseum Wien/APA-Fotoservice/Preiss

SchwarzÖsterreich. Die Kinder afroamerikanischer Besatzungssoldaten

Volles Haus (c) Volkskundemuseum Wien/APA-Fotoservice/Preiss

Zusätzlich zu meiner allgemeinen Mitarbeit an dem Katalog erschien auch ein kurzer Text von mir, der die Verbindung der jüngeren Generation zu der untersuchten Generation highlighten soll.

Next Generation 

„Woher kommst du? Nein, woher kommst du wirklich? Woher bist du ursprünglich?“ – Das höre ich oft mehrmals täglich. Die Antwort „Wien“ reicht nicht. Die eigentliche Frage ist: Warum bist du Schwarz?

ÖsterreicherInnen, die anders aussehen, sind schon lange ein Thema, allerdings noch längst nicht akzeptiert. Oft ist es einfach Neugierde, die die Fragenden motiviert. Nach dem dritten interessierten am selben Tag kommt man sich leicht außerirdisch vor. Ich wurde 1991 in Wien geboren, bin hier zur Schule gegangen und war – bis auf ein paar Urlaube – noch nie woanders. Trotzdem bin ich fremd. Das hat sich also nicht geändert in den über 70 Jahren, die zwischen 1945 und heute liegen. In den Geschichten dieses Projekts sehe ich mich selbst. Nicht in jeder Erzählung, aber in fast jeder Person. Die Zeit ist eine andere und ich bin froh, nicht direkt nach dem Zweiten Weltkrieg geboren worden zu sein. Mein Vater ist kein Soldat, kein „Besatzer“ in den Augen der Gesellschaft. Trotzdem ist es heute nicht viel besser, Leider!

Ein Umstand, der uns verbindet: Wir haben einen Schwarzen und einen Weißen Elternteil. Es gibt keinen politisch korrekten Terinus für uns. ,Mixed‘, ohne das in den USA immer noch gebräuchlichen Wort ,race‘, wäre eine Möglichkeit, oder ,Mischling‘, das wegen der Verwendung im Nationalsozialismus aber negativ aufstößt. Manche von uns wollen sich selbst bezeichnen, manche nicht. Einige sehen sich nur als Schwarz, da sie von der Gesellschaft so gesehen werden. Wieder andere stehen ihren Weißen Verwandten viel näher. Ich bin ohne meinen Schwarzen Vater aufgewachsen, sehe mich als eine Mischung aus beiden Elten – Schwarz und Weiß – und ich bin Österreicherin. Da ich keine wirkliche Verbindung zu dem Schwarzen Teil meiner Familie habe, war ich auch daheim irgendwie anders. Niemand konnte mir Fragen beantworten. Die Schulzeit war nicht einfach, denn auch dort war ich die Einzige mit meiner Hautfarbe. Kinder haben mich gemobbt, Lehrer waren teilweise rassistisch und ich fühlte mich allein. Schwarze Menschen kannte ich nur aus dem Fernsehen. Immer, wenn ich heute mit jemanden rede, der auch ,mixed‘ ist, landen wir ziemlich schnell beim Thema Haare. 24 Jahre hat es gedauert, bis ich wusste, wie ich sie richtig pflege. Derzeit mag ich meine natürlichen Locken, doch den Großteil meines Lebens wollte ich glatte Haare haben. Ich wollte so sein wie der Großteil der österreichischen Gesellschaft – bloß nicht auffallen. Jetzt ist das anders. Ich akzeptiere meine Haare und ich akzeptiere meine Haut.

Wir sind so verschieden, dennoch so gleich – zu Schwarz für die Weißen und zu Weiß für die Schwarzen. Beide Seiten haben manchmal Probleme, uns als zugehörig anzuerkennen. Studien haben ergeben, dass die Gesellschaft in einigen Jahrzehnten so durchmischt sein wird, dass wir zur Norm werden. Ich freue mich darauf. Bis dahin beobachte ich das kleine ,mixed‘ Mädchen in der Straßenbahn und weiß ziemlich genau, was auf sie zukommt – Rassismus, die Identitätsfrage und die Gewissheit, sich von der breiten Masse irgendwie abzuheben.

Erschienen in:
Niko Wahl, Philipp Rohrbach, Tal Adler, SchwarzÖsterreich – Die Kinder afroamerikanischer Besatzungssoldaten. Wien 2016, 978-3-85409-802-7catalogue
Bestellen kann man den Katalog zum Beispiel hier

 

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